Die Luzerner Politik wollte keine Kritik hören

«Erläuterungen» ohne Opposition

Silvio Bonzanigo / Pietro Cavadini

Haben Sie, liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die offiziellen «Erläuterungen des Stadtrates zur städtischen Volksabstimmung» bereits gelesen? Ist Ihnen etwas aufgefallen? Die Opposition gegen den Projektierungskredit kommt darin nicht vor – alle finden das Projekt toll. Dabei billigt das städtische «Reglement über die Kommunikation bei städtischen Volksabstimmungen» der Opposition gegen eine Vorlage, z. B. einem Abstimmungskomitee, Platz zur Darstellung seiner Haltung zu; und zwar: «a. im städtischen Publikationsorgan: einen Artikel von 2‘000 Zeichen Lauftext (inklusive Leerzeichen); b. in den Abstimmungserläuterungen: 3‘000 Zeichen Lauftext (inklusive Leerzeichen)».

13 zu 0 Stimmen in der Spezialkommission, 47 zu 0 Stimmen im Grossen Stadtrat: Die Zustimmung der Legislative für das Theaterprojekt «Überall» war überwältigend. Und das nach eingehender Prüfung aller Vor- und Nachteile, aller Einwände und Bedenken, nach Anhörung von Befürwortern und Gegnern?

Denkste! Hier die Fakten:

  • Die «Spezialkommission Neues Luzerner Theater» wurde am 4. Mai 2023 eingesetzt. Seither hielt sie genau zwei(!) ordentliche Sitzungen und eine Anhörung ab. Von den ursprünglichen 13 Mitgliedern sind heute noch sieben dabei, das Präsidium hat bereits dreimal gewechselt! Wie soll so Kompetenz entstehen?
  • Zur Anhörung vor der Kommission vom 31. Oktober 2024 waren ausschliesslich befürwortende Beteiligte geladen: Die Stiftungsratspräsidentin, der Betriebsdirektor, die Architekten und der Leiter des Wettbewerbsverfahrens. Stadtbekannte Kritiker des Projekts hätten ihre Position gerne der Kommission präsentiert, blieben aber aussen vor. Wie soll so eine objektive Meinungsbildung möglich sein?
  • Vor ihrer Beschlussfassung am 7. November 2024 hielt es die Spezialkommission auch für unnötig, weder eine schriftliche Stellungnahme der Projektgegner noch ein externes Gutachten einzuholen. Wie soll so eine qualifizierte Stellungnahme gegenüber dem Parlament zustande kommen?

Fazit: Die Spezialkommission Neues Luzerner Theater hat ihre Aufgabe unsorgfältig und nachlässig erfüllt. Sie hat sich in ihrem Urteil ausschliesslich auf Aussagen von Projektbeteiligten und Projektbefürwortern gestützt. Entsprechend einseitig fiel ihre Empfehlung an den Grossen Stadtrat aus. Und dieser stützte sich ganz wesentlich auf die «eingehenden Abklärungen» seiner Spezialkommission. Demokratische Beratung geht anders!

Gut zu wissen: Für die Beratung von komplexen Geschäften, welche die Zuständigkeit einer ständigen Kommission sprengen, kann der Grosse Stadtrat Spezialkommissionen bilden. Spezialkommissionen können nach eigenem Ermessen externe Fachleute anhören, Berichte anfordern und Gutachten einholen, um sich dem zugewiesenen Geschäft mit höchstem Engagement zu widmen. Aber wollen muss man.