Fragwürdige Nähe zwischen Kulturinstitution und Lokalblatt
LZ als willfähriger „Medienpartner“?
Pietro Cavadini
Die «Luzerner Zeitung» (LZ) ist offizieller Medienpartner des Luzerner Theaters. Zwischen der Zeitung und dem Theater besteht eine enge, institutionalisierte Zusammenarbeit. Das ist dann besonders nützlich, wenn das Theater in einer Abstimmungskampagne engagiert ist. Da kann der «Medienpartner» sicher behilflich sein. Zum Beispiel beim Filtern von Nachrichten und Leserbriefen.
Das ist zum Beispiel Urs Thaler mit seinem Leserbrief passiert (siehe unten:«Teure Stühle für ein leeres Haus»). Sein Erlebnis mit der LZ schildert er so:
«Am Dienstag dieser Woche habe ich der Luzerner Zeitung einen Leserbrief geschickt, mein erster seit es diese Zeitung gibt. In meinem Brief ging es um zwei Aspekte: um die angeblich lebensbedrohende Baufälligkeit des Altbaus und um die miserable Selbstfinanzierung des aktuellen Theaterbetriebs, die ich auf die Ticketpreise umgerechnet habe.
Am Mittwoch teilte mir Daniela Bühler von der LZ-Leserbriefredaktion mit, dass meine Zweifel an der Baufälligkeit „nicht statthaft“ seien. Sie selber habe „hinter die Bühne gesehen, es IST baufällig.“ Den zweiten Teil meines Leserbriefes fand sie interessant und hatte ihn bereits ins Layout setzen lassen. Sie wollte mir die redigierte Version vorlegen, vergass aber diese ihrem Mail beizulegen.
In meiner kurzen Antwort wies ich Frau Bühler auf ein Missverständnis hin: In meinem Leserbrief ging es um die Baufälligkeit der Aussenfassaden und nicht um allfällige Baufälligkeiten hinter der Bühne.
Kurz darauf meldete sich Frau Bühler mit einem zweiten Mail. Nun genügte auch mein zweites Argument den LZ-Ansprüchen nicht mehr. Frau Bühler schrieb: „Ich musste den Brief leider sowieso stornieren. Wir haben Ihre Zahlen zu den Subventionen pro Sitzplatz angeschaut und können sie nicht nachvollziehen.“
Vielleicht liest die Redaktion ihre eigene Zeitung nicht. Sonst hätten sie daraufkommen müssen, dass ich einfach nachgerechnet habe, was die 15-Prozent-Eigenfinanzierung für das einzelne Ticket bedeutet – nämlich 85 Prozent Zuschuss durch Dritte bzw. eben die Steuerzahler.
Aber wie es scheint, bin ich von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Ich dachte, es ginge auf der Leserbriefseite um die Meinungen der Leserinnen und Leser. Aber offenbar sind hier Meinungschecker am Werk, deren Meinung eine höhere Wertigkeit hat als jene der Leserschaft. Sollten sie sich jedoch als Faktenchecker verstehen, wäre es hilfreich, wenn sie wenigstens die vier Grundrechenarten beherrschen würden.»
Nachricht unterschlagen
Eine ähnliche Erfahrung mit der LZ machte auch die ehemalige Stadt- und Kantons-Politikerin Heidi Joos. Hier ging es allerdings nicht um einen zensierten Leserbrief, sondern um eine unterschlagene Nachricht.
Da hatten sich doch 43 junge Architektinnen und Architekten in einem offenen Brief gut begründet für ein Nein zum Projektierungskredit für ein neues Luzern Theater ausgesprochen. Eine Nachricht? Nicht für die «Luzerner Zeitung», die eine Berichterstattung nicht für nötig befand, obwohl sonst jedes Piepsen für ein Ja einer noch so rudimentären Organisation in ihren Zeilen Aufnahme findet.
Als sich Heidi Joos und Tobias Furter (einer der Unterzeichner des offenen Briefes) mit der Bitte an Christian Peter Meier, den Chefredaktor der LZ wandten, die Existenz dieses offenen Briefes als Nachricht zu vermelden, erhielten sie folgende aufschlussreiche Antwort des Medienprofis:
«Vielen Dank für Ihre Mails mit der Aufforderung, die Luzerner Zeitung habe über den von Ihnen erwähnten offenen Brief zu berichten.
Dazu halte ich fest:
- Unsere Redaktion lässt sich weder instrumentalisieren, noch unter Druck setzen.
- Wir lassen bei kontroversen Themen verschiedene Seiten zu Wort kommen. Das machen wir auch beim Luzerner Theater.
- Wir haben eine eigene Meinung und Haltung zu politischen Themen.
Kurz: Wir sind fair, aber sicher nicht neutral. Wir sind autonom in unseren Entscheidungen. Wir sind kein Abstimmungsbüchlein!
Um die Kirche im Dorf zu lassen (nicht des Informationsauftrages wegen. Red.), haben wir uns entschieden, über den offenen Brief zu berichten. Im Text wird allerdings transparent gemacht, dass eine ganze Reihe von Unterzeichnenden in Architekturbüros beschäftigt sind, die am Theater-Wettbewerb teilgenommen haben – oder sogar persönlich mit der Ausarbeitung von unterlegenen Wettbewerbsprojekten betraut waren.»
Mit einem «Medienpartner», der unliebsame Leserbriefe und kritische Nachrichten ausfiltert, hat das Luzerner Theater wahrhaft einen Glücksgriff getan.