Architekt kritisiert Entscheidung zum Neubau des Theaters

Städtebauliches vernachlässigt

Erwin Rycheners Leserbrief in der Luzerner Zeiung

Kontroverse in Luzern: Architekt kritisiert Entscheidung zum Neubau des Theaters - Städtebauliche Aspekte vernachlässigt? Architekt Erwin Rychener äußert deutliche Bedenken über den geplanten Abriss des bestehenden Theaters und die Auswirkungen auf den Theaterplatz. Hier seine brisante Analyse.

Als Teilnehmer am Architekturwettbewerb für das neue Theater bin ich mit der Thematik bestens vertraut. Bereits bei der Testplanung wurde aufgezeigt, dass mit einer Erweiterung des bestehenden Theaters dieser Ort überstrapaziert wird. Um dies zu entschärfen, entschieden sich die Verantwortlichen für den Abbruch des heutigen Theaters als Ausgangslage für den Wettbewerb. Das war ein mutiger Schritt mit klarer Ansage. Deshalb konnten auch viele Architektenteams zur Teilnahme bewegt werden.

Mehrere Ideen zeigten auf, wie ein Theaterplatz beibehalten und ein respektvoller Aussenraum gegenüber der Jesuitenkirche freigespielt werden könnte. Projekte, die durch das Verlegen des Hauptvolumens ins Erdreich grosszügige Freiflächen auf der Fussgängerebene generierten, den Theaterplatz auf ein Hochparterre setzten oder sogar visionär den bestehenden Platz um die Theaterfläche erweiterten und das Neue Theater anstelle der Buobenmatt vorsahen, wurden von der stets als hochkarätig gelobten Jury ausgeschieden. Das Wunschprogramm der Verantwortlichen wurde höher gewertet als die städtebaulichen Aspekte.

Der Theaterplatz wird aufgefüllt, die Jesuitenkirche stark bedrängt, die hoch frequentierte Fussgängerverbindung Neustadt – Altstadt von der Buobenmattpassage zum Rathaussteg unterbrochen, der Bereich beim Restaurant Wirtschaft zur Ente zu einer verkommenen Engstelle – und durch den geringen Abstand des Theaters zur Reuss wird die nationale Veloroute Jesuitenplatz-Bahnhofstrasse massiv beeinträchtigt. Der Konflikt zwischen Fussgängern und Velofahrern ist programmiert. Zudem könnte der Luzerner Markt an einen neuen Ort verlegt werden.

Es darf nicht sein, dass aufgrund dieses Projekts der Theaterplatz geopfert und städtebauliche Themen ignoriert werden. In diesen Kernfragen haben weder die Jury noch die Behörden noch die Politikerinnen und Politiker ihre Verantwortung wahrgenommen.

Erwin Rychener, Architekt, Luzern