Beschimpfungen statt Argumente für das Theater-Projekt
Theater-Gnekow schiesst scharf
Komitee / Pietro Cavadini
Michael Gnekow, Mitglied des bekannten Luzerner Theaterclans Gnekow, verteidigt in einem Beitrag in der Luzerner Zeitung das geplante Theaterprojekt gegen Kritiker. Dabei greift er die Skeptiker scharf an und beschuldigt sie des Kleingeists und der Anmassung. Eine nähere Betrachtung seiner Argumente zeigt jedoch, dass viele davon nicht stichhaltig sind und Gnekow ein fragwürdiges Demokratieverständnis zeigt.
Michael Gnekow (79+), Mitglied des alteingesessenen Gnekow-Theaterclans, versucht in der Luzerner Zeitung das geplante Theaterprojekt gegen Kritiker zu verteidigen – mit dem Dolch im Gewande statt nach Tells Rat in ehrlicher und offener Ansprache. Für ihn sind die Skeptiker nämlich nichts anderes als eine Gruppe von „hochaltrigen rechtsbürgerlichen Herren aus alteingesessenen Familien“, die sich gegen ihren Bedeutungsverlust wehren. Seiner Ansicht nach hätten sich auch enttäuschte ehemalige Mitglieder der Verwaltung zu den Beckmessern und Nörglern gesellt. Die Mitglieder der Juso (Höchstalter 35), die einstimmig die Nein-Parole beschlossen haben, zählen für den ehemaligen Stiftungsrat des Luzerner Theaters entweder nicht zu den Kritikern oder ebenfalls zu den „hochaltrigen rechtsbürgerlichen Herren aus alteingesessenen Familien“, genauso wie die Nein-Aktivistin Heidi Joos…
Diese Gruppe, so Gnekow, habe sich mit negativer Energie darauf verlegt, das Siegerprojekt abzuschiessen und zu verhindern, wobei ihr Vorgehen von Kleingeist, Überheblichkeit und Anmassung geprägt sei. Gleichzeitig wirft er ihnen vor, fast unbegrenzte finanzielle Mittel einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen. Diese Mittel stünden in starkem Kontrast zu ihrer Unfähigkeit, zukunftsfähige Alternativen oder kraftvolle Argumente vorzubringen.
Argumente?
Wer so scharfe Pfeile abschiesst, muss gute Argumente im Köcher haben. Schauen wir sie uns doch etwas näher an:
Gnekow geht davon aus, dass es sich bei der Abstimmungsvorlage um eine Kulturvorlage handle, wir also über Kultur abstimmen würden, und die habe es beim tumben Volk ohnehin immer schwer. Wir befinden am 9. Februar aber nicht über Kultur, sondern über einen Projektierungskredit für einen bestimmten Bau an einem bestimmten Ort mit einer bestimmten Architektur und einem bestimmten Volumen. Der Zweck des Baues spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Ein Nein zu dieser Vorlage ist darum auch kein Nein zum Luzerner Theater. Genauso wenig wie ein Ja eine Aussage zu einem neuen Luzerner Theaterkonzept wäre. Gnekows Versuch, die Gegner als Kulturbanausen darzustellen, wenn auch solche aus alteingesessenen Familien, läuft darum ins Leere.
Argumentum ad verecundiam
Gnekow behauptet weiter, dass die Volksvertretung über alle politischen Lager hinweg den Projektierungskredit nach ausführlicher Prüfung unterstützt habe – «eine seltene Einmütigkeit». Und wo es wie hier um Ermessensfragen gehe, würden wir uns «gerne hinter jenen» sammeln, «die sämtliche Aspekte des Vorhabens in ihrer Gesamtwirkung beurteilt haben» – hinter Experten und Fachleuten also. Dieses «Argumentum ad verecundiam» (Argument, das sich auf Ehrfurcht stützt) an die Adresse der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zeugt von suboptimalem Demokratieverständnis. Experten sind keine gewählten Vertreter. Experten sind für ihr Fachwissen wichtig, aber sie sind nicht von uns gewählt. Politische Entscheidungen müssen auf demokratischer Legitimation beruhen, also auf dem Willen des Volkes und nicht nur auf dem Rat von Experten. Und auch nicht ganz unwichtig: Anders als es Gnekow darstellt, sind sich die «Experten» keineswegs einig: Viele hochkarätige, einheimische und externe Architekten, Historiker, Denkmalpfleger und Städteplaner haben sich als Kritiker des Luzerner Theaterprojektes geoutet. Doch Gnekow bleibt dabei: «Welcher Kleingeist, welche Überheblichkeit, ja Anmassung gegenüber all den Fachgremien und Menschen, die aus den unterschiedlichsten Motiven mit Überzeugung, ja mit Begeisterung hinter dem überarbeiteten Siegerprojekt stehen.» Da darf man doch nicht mehr Nein stimmen. Demokratie hin oder her.
Es kommt gut heraus
Besonders stark ist Gnekows Argument, wenn er schreibt, dass auch dem Bau des KKL in den achtziger Jahren heftige Kritik erwachsen sei – und trotzdem sei es doch gut herausgekommen. Na, dann soll er doch froh sein, dass auch seinem Projekt viel Kritik entgegenschlägt. Dann kommt es doch gut heraus. Und da hat er sogar recht, wenn diese Kritik bis zum 9. Februar in ein Nein an der Urne mündet.
Zum Schluss noch eine Bemerkung zu Gnekows Behauptung, die Gegner verfügten für die Abstimmungskampagne über fast unbeschränkte finanzielle Mittel. Woher hat er nur dieses Wissen, und was macht ihm so Angst? Vermutet er, dass auch die Gegner so wie Theater-Stiftungsratspräsidentin Anja Meyer ihre Mieter und Mieterinnen mit frankierter Werbung attackieren können? Oder nimmt er an, dass auch die Gegner, wie die Befürworter, ein ganzes öffentlich-rechtliches Theater und sein Ensemble für Abstimmungspropaganda einsetzen können – auch auf das Risiko hin, dass die Abstimmung wegen unlauterer Einflussnahme als ungültig erklärt werden könnte? Gnekow kann beruhigt sein: Die Gegner des überrissenen Projekts verfügen neben ausgezeichneten Argumenten nur über bescheidene Spenden engagierter Bürgerinnen und Bürger.
Mit Verantwortung
Und wenn Gnekow seine «Pro-Argumentation» in der Luzerner Zeitung mit dem Appell beschliesst: «Gehen wir verantwortungsvoll mit unserer Stimme um.» So können wir uns dem nur anschliessen. Anders als Gnekow sind wir allerdings nicht der Ansicht, dass nur ein Ja in der Urne eine verantwortungsvolle Stimmabgabe ist.